Bolsonaro spricht erstmals öffentlich über seine Wahlniederlage
Sechs Wochen nach seiner Niederlage bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien hat der rechtsextreme Amtsinhaber Jair Bolsonaro erstmals öffentlich über seine Abwahl gesprochen. "Ich habe praktisch 40 Tage lang geschwiegen", sagte Bolsonaro am Freitag vor dem Präsidentenpalast in Brasília. "Es schmerzt, es schmerzt in meiner Seele", fügte der Politiker hinzu, der am 1. Januar sein Amt an seinen linksgerichteten Rivalen Luiz Inácio Lula da Silva übergeben muss.
"Ich war immer ein glücklicher Mensch unter Euch, habe sogar mein Leben unter den Menschen riskiert", führte Bolsonaro aus, der im Wahlkampf 2018 bei einem Messerattentat lebensgefährlich verletzt worden war. Brasilien befinde sich nun "in einem entscheidenden Moment, an einem Scheideweg".
Der scheidende Präsident hob außerdem hervor, dass die Entscheidung über die politische Führung bei den Wählern liege. "Das Volk ist es, das über sein Schicksal entscheidet", sagte Bolsonaro. Auch über die Armee und ihren Einsatz entscheide das Volk.
Nach Bolsonaros Wahlniederlage hatten tausende Bolsonaro-Anhänger vor Militärkasernen demonstriert und die Streitkräfte aufgefordert, Lula an der Übernahme der Regierungsgeschäfte zu hindern. Am Freitag bezeichnete Bolsonaro die Armee als "die letzte Festung gegen den Sozialismus".
Bolsonaro hatte die Stichwahl um das Präsidentenamt am 30. Oktober knapp verloren. Während er auf 49,1 Prozent kam, errang Lula 50,9 Prozent der Stimmen.
Nach dem Urnengang hatte Bolsonaro sich zunächst nicht zu seiner Niederlage geäußert. Erst nach zwei Tagen signalisierte der rechtsextreme Politiker seine Bereitschaft zu einer friedlichen Machtübergabe an Lula, ohne allerdings seine Niederlage explizit einzugestehen. Der Staatschef tauchte ab und trat nur ein Mal öffentlich auf, am 26. November in einer Militärschule.
Mehr als drei Wochen nach dem Urnengang legte Bolsonaros Liberale Partei (PL) beim Obersten Wahlgericht Beschwerde gegen das offizielle Wahlergebnis ein. Das Gericht wies die Beschwerde jedoch zurück und verhängte eine hohe Geldstrafe gegen die PL wegen böswilliger und unbewiesener Vorwürfe zum Ablauf der Wahl.
(Y.Rousseau--LPdF)