Krankenhausversorgung soll künftig weniger nach ökonomischen Kriterien erfolgen
Krankenhausbehandlungen in Deutschland sollen künftig mehr nach medizinischen und weniger nach ökonomischen Kriterien erfolgen. Eine Regierungskommission legte am Dienstag Vorschläge für eine umfassende Reform vor. Ziel ist, das bisherige Fallpauschalensystem grundlegend zu ändern und den wirtschaftlichen Druck von den Kliniken zu nehmen. So soll künftig ein fester Betrag für Vorhalteleistungen definiert werden, um eine gute Versorgung auch in ländlichen Regionen zu gewährleisten. Stationäre und ambulante Versorgung sollen eng verzahnt werden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach von einer "Revolution im System". Bisher wurden unabhängig vom Behandlungsaufwand einheitliche Pauschalen für vergleichbare Fälle gezahlt, wodurch es eine "Tendenz zu billigerer Medizin" gegeben habe. Wenn jemand künftig behandelt werde, "kann er sicher sein, dass ökonomische Aspekte keine Rolle spielen".
"Wir haben die Ökonomie zu weit getrieben", sagte Lauterbach weiter. Eine gute Grundversorgung für jeden müsse garantiert sein, Spezialeingriffe müssten auf besonders gut ausgestattete Kliniken konzentriert werden.
Die Reformvorschläge sehen sogenannte Vorhaltebudgets vor. Die Kommission empfiehlt, künftig einen festen Betrag als Vorhaltekosten für Personal oder Technik zu definieren, den Krankenhäuser - je nach ihrer Zuordnung - erhalten. Künftig sollen Krankenhäuser in drei Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden.
Level eins sieht die Grundversorgung vor, also medizinisch und pflegerische Basisversorgung, zum Beispiel grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle. Level zwei umfasst die Regel- und Schwerpunktversorgung; dabei geht es um Krankenhäuser, die im Vergleich zur Grundversorgung noch weitere Leistungen anbieten. Level drei sieht eine Maximalversorgung etwa in Universitätskliniken vor.
Für jedes Level sollen einheitliche Mindestvoraussetzungen gelten. "Damit würden erstmals einheitliche Standards für die apparative, räumliche und personelle Ausstattung gelten - und damit die Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten maßgeblich erhöht werden", heißt es in den Reformvorschlägen.
Eine "herausragende Bedeutung" komme dabei den Krankenhäusern des Levels eins zu, die eine flächendeckende wohnortnahe Versorgung sicherstellen sollen, sagte der Koordinator der Krankenhauskommission, Tom Bschor. Diese Kliniken sollten teilweise integriert ambulant-stationär arbeiten. Gesetzgeberisch solle ermöglicht werden, dass sie von qualifizierten Pflegefachleuten und nicht von Ärzten geführt werden.
Mit Blick auf die Finanzierung sagte Bschor, die Vorschläge verursachten keine zusätzlichen Kosten. Er verwies darauf, dass Behandlungen eingespart würden, die nicht nötig seien, wenn der Anreiz für möglichst viele behandelte Fälle sinke. Auch durch einen Anstieg ambulanter Behandlungen entstünden weniger Kosten. Die Gesamtsumme solle gleich bleiben im Vergleich zum bisherigen System, sagte Bschor.
Die Regierungskommission empfiehlt, die Regelungen "in einer großzügigen Übergangsphase schrittweise einzuführen", geplant ist ein Zeitraum von fünf Jahren. Damit bleibe den Krankenhäusern, Ärztinnen und Ärzten, Krankenkassen und Ländern ausreichend Zeit, sich auf das veränderte Finanzierungssystem einzustellen.
(L.Garnier--LPdF)