Ukraine kritisiert Öl-Preisdeckel als zu "komfortabel" zu Moskau
Mit einem Preisdeckel für russisches Öl erhöht der Westen den Druck auf Moskau: Nach langem Ringen beschlossen die G7- und die EU-Staaten am Freitag eine Obergrenze von 60 Dollar (57 Euro) pro Barrel für russische Öllieferungen per Schiff, um die Finanzierung des Kriegs gegen die Ukraine zu erschweren. Der Kreml kündigte an, den Preisdeckel nicht zu akzeptieren. Die Ukraine kritisierte den Preisdeckel als zu "komfortabel" für Moskau.
Mit der Obergrenze solle Russland daran gehindert werden, "von seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine zu profitieren", hieß es in einer Erklärung der G7-Staaten, der sich auch Australien anschloss. Zudem sollten "die Stabilität der weltweiten Energiemärkte unterstützt und die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs reduziert" werden.
Moskau hatte im Vorfeld gewarnt, dass es kein Öl mehr an Länder liefern würde, die eine Obergrenze einführen. "Wir werden diesen Preisdeckel nicht akzeptieren", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Samstag russischen Nachrichtenagenturen. Er fügte hinzu, dass Moskau sich im Vorfeld auf eine solche Obergrenze vorbereitet habe, machte dazu aber keine weiteren Angaben.
Die sieben großen Industriestaaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA hatten den Preisdeckel bereits Anfang September auf den Weg gebracht. Um ein gemeinsames Vorgehen des Westens zu garantieren, musste aber auf eine Einigung innerhalb der EU gewartet werden. Vor allem Polen hatte zunächst eine niedrigere Obergrenze gefordert, Berichten zufolge um die 30 Dollar.
Am Freitagabend verkündete der polnische EU-Botschafter Andrzej Sados dann aber die Einigung. Da der Marktpreis voraussichtlich steigen werde, seien 60 Dollar in Ordnung, sagte er. Derzeit liegt der Marktpreis von russischem Öl der Sorte Urals pro Barrel bei rund 65 Dollar.
Wenig später folgte die gemeinsame Erklärung der G7-Staaten und Australiens, in der sie ankündigten, dass die 60-Dollar-Obergrenze am Montag - wenn das EU-Embargo für per Schiff transportiertes russisches Rohöl in Kraft tritt - "oder sehr bald danach" in Kraft treten werde.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte am Samstag, der Preisdeckel sei keine "ernsthafte Entscheidung", da er für Moskau zu "komfortabel" sei. Ein Preisdeckel von 60 Dollar pro Barrel Öl ermögliche Russland immer noch Einnahmen von etwa hundert Milliarden Dollar pro Jahr. Selenskyjs Berater Andrij Jermak erklärte, um die russische Wirtschaft noch schneller zu "zerstören", wäre eine Obergrenze von 30 Dollar nötig gewesen.
Die G7-Staaten kündigten an, die Wirksamkeit des Preisdeckels zu beobachten und die Obergrenze "gegebenenfalls anzupassen".
Durch den Preisdeckel soll es Moskau erschwert werden, die wegen des Ukraine-Kriegs verhängten Sanktionen durch Verkäufe außerhalb der EU oder der G7 zu umgehen.
China und Indien beispielsweise werden weiterhin russisches Öl importieren können, aber nur zu dem nun beschlossenem Maximalpreis. Denn Unternehmen aus G7- und EU-Staaten und auch Australien dürfen nach Inkrafttreten des Preisdeckels nur noch Geschäfte rund um den Schiffstransport von russischem Öl an Drittstaaten abwickeln, wenn beim Verkauf des Öls die Obergrenze von 60 Dollar eingehalten wird.
Derzeit stellen Unternehmen aus G7-Staaten rund 90 Prozent der Transportversicherungen weltweit und die EU ist ein wichtiger Akteur im Seefrachtgeschäft.
(P.Toussaint--LPdF)